Bitte nicht so kleinkariert

Mike Krüger (parteilos) will als einer von fünf Kandidaten um das Bürgermeisteramt in Falkensee streiten

HILTRUD MÜLLER (MAZ)

FALKENSEE: Mike Krüger, 40, ist einer der Außenseiter unter den Bürgermeisterkandidaten, die in Falkensee um die Plätze kämpfen. Dabei gibt es noch gar keinen offiziellen Wahltermin. Die Stadt lässt sich Zeit, mindestens 70 Tage vor der Wahl muss der Termin amtlich feststehen. Und da der 30. September angepeilt wird, herrscht keine Eile.

Doch für die Kandidaten – bisher haben CDU, SPD, FDP, Alternatives Bündnis und Grüne ihre Anwärter benannt – hat das Rennen längst begonnen. So findet man auch Mike Krüger, der als Parteiloser fürs Alternative Bündnis ins Rennen geschickt wird, bei vielen Debatten, die in diesen Wochen in Falkensee mit Vehemenz geführt werden. Da wird die Beziehung zur Freundin auf eine harte Probe gestellt. Und auch für die 16-jährige Tochter (sie lebt bei ihm, während der gemeinsame Sohn bei der Mutter blieb) wird die Zeit in diesem Sommer knapp bemessen sein.

Was ist das für ein Mann, der vor nicht allzu langer Zeit die Fronten wechselte und seiner Partei, der CDU, das Parteibuch hinwarf? Ein bodenständiger ist er – Handwerksmeister, der im Gießereibetrieb seines Vaters und im Holztreppenbau gearbeitet hat und nun selbstständig als Gießereimodellbauer tätig ist. Einer, der weniger intellektuelle Winkelzüge und parteitaktische Spielchen, sondern vielmehr das Praktische und die Menschen im Blick hat. Und weil jene, die um ihn waren und die er schätzte, zufällig in der CDU waren, schloss auch er sich dort an. Mike Krüger wollte sich schon immer gern einbringen in die Stadtpolitik.

Nun ja, in dieser Partei hatte sich Krüger jr. durchaus zu Hause gefühlt – bis, ja bis das dumme Ding mit den Nacktfotos, die eigentlich schon längst Geschichte waren, wieder aus der Kiste geholt wurde und er sich regelrecht diffamiert sah. Schwamm drüber. Doch dass ihn die Parteifreunde damals fallen ließen wie eine heiße Kartoffel, das hat er nicht verwunden. Mike Krüger sah sich "von diesem Marionettentheater", wie er spöttelt, verraten und schmiss hin. Das Parteibuch – nicht das Mandat im Stadtparlament.

Dort wechselte er den Platz, sitzt jetzt als Parteiloser in der kleinen Drei-Mann-Fraktion des Alternativen Bündnisses."Da bin ich ganz gut aufgehoben", konstatiert Krüger befriedigt. "Die Leute haben unkonventionelle Ansichten, die denken, was noch niemand bisher gedacht hat. Nehmen wir zum Beispiel den Workshop, der vom Alternativen Bündnis zur Gestaltung des Falkenhagener Angers angesetzt wurde. Da kamen erfrischende Ideen auf den Tisch. Wir brauchen die von der Verwaltung favorisierte Bebauung nicht und auch keine neue rückwärtige Straße. Ich finde es gut, wenn Leute mit dem unverstellten Blick von außen Alternativen aufzeigen." Auch er würde manches anders machen, wenn man ihn wählen würde. "Bigalke war viele Jahre ein guter Mann, der richtige am rechten Platz. Aber ich glaube, es gibt in der Verwaltung genug Leute, die wegen des totalitären Führungsstils nur Dienst nach Vorschrift machen", so sieht Krüger die Lage. "Sie würden sicher gern mehr Verantwortung übernehmen. Und ich würde sie dazu ermuntern."

Das Bild, das über Falkensee gerne verbreitet wird – Wohnlage für Bessergestellte – teilt Mike Krüger nicht. Oder sagen wir besser, er sieht auch die Kehrseite der Medaille. "Es gibt nicht nur die Häuslebauer und guten Steuerzahler. In dieser Stadt leben genug Leute, denen es richtig dreckig geht. Für die muss was getan werden", befindet der Kandidat. Wie stellt er sich das vor? Ähnlich wie es die städtische Wohnungsgesellschaft Gegefa löst, bei der er den Vorsitz im Aufsichtsrat inne hat. Dort wurde eine Planstelle geschaffen, um Mieter zu beraten und zu begleiten, die von Mietschulden erdrückt werden. Krüger schwebt vor, eine Art Sozialamt wieder in der Stadt zu reanimieren, das mit der Gründung des Integrations- und Leistungszentrums (Hartz IV) vor zwei Jahren abgeschafft worden war. Jedenfalls ein Miniamt sollte es sein. Eines, das jenen hilft, die nicht wissen, wovon sie die Klassenfahrt fürs Kind oder den Rollstuhl für die Mutter bezahlen sollen und denen man den Pfad durch den Dschungel der Förderanträge weisen muss.

Manchmal ist Mike Krüger der endlosen Debatten um neue Sportstätten für Falkensee überdrüssig. "Wir sind eine Stadt von 40 000 Einwohnern, da sage ich klar und deutlich: Wir brauchen das! Wir dürfen jetzt keine Kehrtwendung machen. Und wir brauchen auch Zuschüsse fürs Waldbad, das immer ein Zuschussgeschäft bleiben wird. Wir sollten das nicht so kleinkariert sehen, denn es gehört zu unserer sozialen Verantwortung. Dazu stehe ich."

Wozu noch? Als Handwerkermeister natürlich zum Handwerk, was sonst. Da muss die Stadt wesentlich moderater vorgehen – meint Krüger. Zum Beispiel beim Gewerbegebiet Süd. "Quadratmeterpreise von 70 Euro. Wer soll denn die bezahlen? Die müssen halbiert werden, sonst bleiben die Brachen liegen und die Entwicklung geht an Falkensee vorbei."

Das will einer, der in diesem Ort schon im Sandkasten gespielt hat, natürlich nicht. Vielmehr wünscht er sich, dass Bürgerinitiativen wie am Lindenweiher oder in Finkenkrug auch an anderen Ecken seiner Heimatstadt üppig sprießen. Da würde Krüger, hätte er in der Verwaltung etwas zu sagen, jede Unterstützung geben. Miteinander statt gegeneinander, das wär’s doch. Als Schiedsmann kann Mike Krüger nämlich ein Liedlein davon singen, wie sich Nachbarn in Falkensee das Leben bisweilen zur Hölle machen. Dagegen mögen die bissigen Gefechte im Bürgermeisterwahlkampf als herzige Freundschaftsspiele durchgehen.


Am Tellerrand

Zießnitz heißt Sportpläne gut, fordert aber Seriosität / Konter von Krüger

STEFAN KUSCHEL

FALKENSEE: Die Dissonanzen um die Falkenseer Sportstättenplanung gehen weiter. Nachdem die Stadtverordneten vergangene Woche mit großer Mehrheit beschlossen hatten, das Planverfahren weiterlaufen zu lassen, hat sich CDU-Bürgermeisterkandidatin Daniela Zießnitz zu Wort gemeldet. Sie war mit ihrem Ansinnen gescheitert, weitere Entscheidungen zum Sportzentrum Rosenstraße und zur Vierfeldturnhalle am Gutspark zu verschieben und zunächst in Ruhe über die finanziellen Belastungen zu beraten. Vor allem die SPD, aber auch Stadtverordnete der CDU und des ABü plädierten für einen zügigen Fortgang. CDU, ABü und Grüne bilden in der SVV die Zählgemeinschaft.

Daniela Zießnitz sagte, für sie stehe "außer Frage, dass wir als erstes schnellstmöglich die vier Kunstrasenplätze westlich der Rosenstraße realisieren müssen". Die Planungsergebnisse und die Stellungnahmen der Experten spiegeln nach ihrer Ansicht "den Bedarf der Sportler und den Anspruch der Stadt Falkensee wider, eine Anlage zu schaffen, die den Bedürfnissen einer wachsenden Stadt Rechnung trägt". Angesichts der erst wenige Wochen alten Information der Stadtverwaltung, wonach "im pflichtigen Bereich der Schulen und Horte" ein Investitionsbedarf von rund 22 Millionen Euro nötig sei, hält es die CDU-Bürgermeisterkandidatin allerdings für nötig, "die Planungen an der Rosenstraße seriös in die mittelfristige Finanzplanung einzuordnen". Daniela Zießnitz: "Wir dürfen die Finanzen der Stadt nicht überfordern und müssen gut überlegen, wie wir ein Gesamtinvestitionsvolumen von mehr als 40 Millionen finanzieren können."

Investitionen in andere Bereiche wie beispielsweise die Zentrumsplanung, den Straßenbau oder die Feuerwehrausstattung seien bei dieser Kalkulation noch gar nicht berücksichtigt. "Damit werden die zu realisierenden Projekte ausdrücklich nicht in Frage gestellt, auch nicht das Sportzentrum an der Rosenstraße, sondern allein die Art und Weise der Realisierung bedarf einer genaueren Betrachtung", sagt Daniela Zießnitz. Auf der Basis konkreter Kostenschätzungen und müsse die Planung

vorangetrieben werden, "das ist eine seriöse Herangehensweise an Projekte dieser Größenordnung".

Widerspruch kommt von Mike Krüger, für das ABü in der Stadtverordnetenversammlung und Bürgermeisterkandidat. Er sagte gestern: "Ein zukünftiger Bürgermeister einer Stadt wie Falkensee muss den Mut haben, über den Tellerrand hinauszuschauen und solch ein Projekt mit Nachdruck und ohne Verzögerung voranzutreiben." Wenn die Bürgermeisterkandidatin der CDU "fast als Einzige gegen die Weiterführung der Planung stimmt, ist das schon ein Votum gegen den Willen unserer Bevölkerung."


Frieden an den Gartenzäunen

In Falkensee streiten Nachbarn häufig ums Grün / Schlichter vermitteln

STEFAN KUSCHEL

FALKENSEE: Das in Falkensee üppig wachsende Grün hat einen kaum wahrgenommenen Nebenaspekt. Immer wieder gibt es Fälle, in denen Bäume, Sträucher oder sonstige Gewächse Anlass sind für Streit unter Nachbarn. Das ist die Beobachtung von Mike Krüger - er ist einer von drei Schiedsleuten, die in der Gartenstadt im Einsatz sind. Gewählt von den jeweiligen Gemeindevertretern haben sie traditionell die seit 1993 gesetzlich geregelte Aufgabe, den Frieden an den Zäunen wieder herzustellen, Streit um kleine Geldbeträge beizulegen oder Beleidigungen aus der Welt zu schaffen.

Juristisch betrachtet ist diese Arbeit durchaus wichtig. Zum einen sorgen die Schiedsleute dafür, dass die Flut der Bagatellfälle nicht mit noch größerer Wucht die Amtsgerichte überrollt. Zum anderen muss in eskalierenden Nachbarschaftsfällen zunächst ein Schiedsmann angerufen werden. Scheitert er, stellt er eine "Erfolglosigkeitsbescheinigung" aus - erst dann steht der Klageweg offen. "Schiedsleute sind eine Schlichtungsstelle, sie klären nicht auf, sondern sie versuchen, zu einer einvernehmlichen Regelung, zu einem Vergleich zu kommen", sagt Dieter Neumann, Direktor des Amtsgerichts in Nauen. Die Kosten für diesen Versuch sind vergleichsweise günstig: Im Erfolgsfall muss der Antragsteller rund 30 Euro zahlen. Die Summe wird zwischen Gemeinde und Schlichter geteilt. Neumann zufolge gab es im Amtsgerichtsbezirk Nauen im Jahr 2005 insgesamt 48 Schlichtungsverfahren im zivilrechtlichen und fünf im strafrechtlichen Bereich.

Mike Krüger ist in Falkensee zuständig für den Bereich Falkenhain und Waldheim. Er spricht vom "aggressiven Bewuchs in unserer Stadt", wenn vom so oft umstrittenen Grün die Rede ist. "Bei acht von zehn Anrufen geht es um überhängende Äste zum Nachbarn", sagt der Schiedsmann, der zugleich Mitglied der Stadtverordnetenversammlung ist. Sein bisher schönster Erfolg: Ein Mann, der unter dem Schatten der Bäume seines Nachbarn litt, übernahm die Kosten für einen fachmännischen Schnitt auf dessen Grundstück. "Das nenne ich kreativ", sagt Krüger. Beobachtet hat er bei seiner Tätigkeit, dass viele, die aus der Stadt hinaus ins Grüne ziehen, "dann hier über das viele Grün klagen und sich beeinträchtigt fühlen, das ist doch sinnverkehrt". Deutsch-deutsche Dissonanzen spielen indessen keine Rolle mehr: "Ossis und Wessis sind verschwunden."


Bürokratieabbau

Falkenseer Kurier vom 6.12.2006

Die Stadtverordneten haben es abgelehnt, dass in Falkensee eine Vergnügungssteuer für „Veranstaltungen gewerblicher Art“ erhoben wird. Gemeint sind damit Steuern insbesondere für Tanzveranstaltungen. Dies sei eine gute Möglichkeit, den allseits geforderten Bürokratieabbau zu praktizieren, so der Stadtverordnete Mike Krüger (parteilos) am 20.11.2006 im Finanz-ausschuss. Die zu erwartenden Steuereinnahmen von etwa 1.200 Euro jährlich verursachen einen erheblichen Verwaltungsaufwand, der sich eingedenk der Einnahmen nicht lohnt.